Keine Angst vor Männerdomänen

Constanze Eich schreibt im Ahead-Magazin von Gleiss Lutz

Frauen im Business sind glücklicherweise keine Seltenheit mehr. Selbst in Großkanzleien gibt es immer mehr Partnerinnen und weibliche Führungskräfte. Der Zeitgeist und ein gutes Selbstmarketing machen es möglich.

Dabei fällt auf, dass viele Frauen gerade in Hochleistungsorganisationen viel Energie in ihre sogenannte Selbstoptimierung stecken. Gerade im Vergleich zu männlichen Kollegen ist dieses Streben nach Perfektion wesentlich ausgeprägter, was allerdings auch einen großen Nachteil mit sich bringt: Der permanente Drang, alles richtig zu machen, um erfolgreich zu sein, ist extrem aufreibend und anstrengend. Daher ist mein wichtigster Tipp für Frauen, die Karriere machen wollen, dass sie im Job viel strategischer agieren sollten, um ihre Kräfte sinnvoll einzuteilen. Die Vorstellung, überall im Superwoman-Kostüm aufzutreten, ist erschöpfend und auf lange Sicht auch nicht durchzuhalten, insbesondere, wenn zur Berufstätigkeit noch Familie dazukommt.

Entscheidend ist, dass wir erkennen, in welchen Situationen es wichtig ist, sich einzubringen und Energie zu investieren. Dazu sollten wir das Spielfeld der Macht kennen, auf dem wir uns bewegen. Wer sind die Entscheider? Wem gegen über muss ich meine Kompetenzen sichtbar machen? In welcher Rolle agiere ich? Je genauer man dieses Spielfeld kennt, desto leichter kann man sich positionieren und entsprechend kommunizieren. Gerade in der Kommunikation werden immer noch viele Fehler gemacht. Füllworte wie „eigentlich“ oder „vielleicht“ sollten durch eindeutige, selbstsicherere Formulierungen wie „es ist sinnvoll, dass…“ ersetzt werden. Ein weiterer Fauxpas ist, sich aus Bescheidenheit oder falschem Respekt nicht zu Wort zu melden. Gerade in Telefonkonferenzen oder Teammeetings ist es wichtig, sich zumindest durch kurze Beiträge sichtbar zu machen. Es gilt die Regel: Wer nichts sagt, war nicht dabei. Das müssen keine ausgeklügelten Gedanken sein. Hier können wir übrigens von den Männern lernen: Bereits Gesagtes ohne Scham und Scheu wiederholen oder ergänzen, vermeintliche Fleißaufgaben als nutzenbringende Leistungen zur Professionalisierung der täglichen Arbeit verkaufen oder die eigenen Arbeitsergebnisse ergebnisorientiert und selbst sicher (gerne auch mit einigen ausschmückenden Attributen) vor tragen – es gibt zahlreiche Möglichkeiten mit wenig Aufwand für Visibilität zu sorgen. Wichtig ist auch, für jede Rolle, die man innehat, eine angemessene Kommunikation zu finden. Man kann sich nicht immer gleich verhalten. Im Gespräch mit dem Mandanten müssen Beraterkompetenzen sichtbar werden, auch wenn man dem Mandanten als Berufseinsteiger entgegentritt. Das Feedbackgespräch mit einem Referendar hingegen sollte eher Mentoren- und Ausbilderqualitäten kennzeichnen.

Grundsätzlich rate ich dazu, bei allen beruflichen Herausforderungen eine gewisse Spielfreude an den Tag zu legen und den Mut zu haben, Dinge auszuprobieren, insbesondere in der Kommunikation. Wenn einem zum Beispiel angetragen wird, mehr Verantwortung zu übernehmen oder einen Vortrag zu halten, empfehle ich dringend, einfach Ja zu sagen, ohne die potentiellen Risiken und Selbstzweifel, die mit der jeweiligen Aufgabe einhergehen bereits im Vorfeld en détail auszuloten. Frauen neigen dazu, sich erst solide für die neue Herausforderung rüsten zu wollen, bevor sie sie annehmen. Männer hingegen greifen viel schneller zu. Hauptsache, man hat den Job. Ob man wirklich qualifiziert dafür ist, spielt bei den Überlegungen oft nur eine untergeordnete Rolle.

Womit eine Frau im Job richtig punkten kann, ist, keine Angst vor Männerdomänen oder hierarchisch übergeordneten Persönlichkeiten zu haben. Entschlossen die eigene Kompetenz und Expertise zu demonstrieren und für den Mandanten aber auch den Partner nutzenorientierte Lösungen und Ideen anzubieten, das imponiert. Und wenn dann noch unternehmerisches Denken hinzukommt, macht Frau sich als Beraterin oder Mitarbeiterin schnell beliebt.

Vor allem Berufseinsteigerinnen möchte ich ermutigen, frühzeitig in ein stabiles Netzwerk zu investieren, intern wie extern. Karrieren werden nicht nur durch Fleiß und Know-how begünstigt, sondern auch damit, die richtigen Leute zu kennen. Sich innerhalb des eigenen Systems bekannt zu machen, Interesse an anderen (Rechtsgebieten) zu zeigen, aber auch über den eigenen Tellerrand hinaus zu agieren und Erfahrungen zu sammeln, sind wichtige Bausteine für eine gelungene Karriere. Und wenn wir uns dann noch typische weibliche Kommunikationsstereotype in Körpersprache, Stimme und Formulierungen abgewöhnen, dann steht der Frauenpower nichts mehr im Wege. Und das übrigens ohne das Frau-Sein an der Garderobe abgeben zu müssen.

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