Sales – unangenehme Pflicht oder Chance?

Dürfen Zahnärzte Verkäufer sein?

Diese Frage stellen sich nicht nur Patienten, die ihren Arzt plötzlich wie einen Staubsaugervertreter erleben. Auch die Zahnärzte selber stellen sich diese Frage. Denn Verkaufen hat immer einen unangenehmen Beigeschmack. Und doch ist es unverzichtbar, nicht nur um persönlich zu profitieren, sondern um das Fortbestehen der Praxis zu sichern, Arbeitsplätze zu erhalten und Investitionen zu tätigen. Es wird also Zeit, das Thema „Sales“ nochmals unter die Lupe zu nehmen und Akquisitions- und Vertriebsmethoden auf den Prüfstand zu stellen.

Verkaufen ist eine höchst subtile und komplexe Angelegenheit. Sie beginnt nicht erst in dem Moment, wenn der Patient auf dem Behandlungsstuhl sitzt und die Frage im Raum steht, welche Art der Zahnsanierung wohl am ehesten in Betracht kommt. Denn gerade in diesen Situationen liegt es nahe, als unliebsamer Verkäufer wahrgenommen zu werden. Schließlich haben wir ja nur wenige Momente mit dem Patienten und müssen in diesen alles geben, was die Verkaufsrhetorik so hergibt. Kein Wunder, dass uns manch ein Patient auf die Schliche kommt oder wir selbst angesichts unseres Verkaufsverhaltens Scham und Verlegenheit fühlen.

Verkaufen heißt, unternehmerisch zu denken und zu handeln

Der Trend zu Privatleistungen verlangt dem Unter-nehmer-Zahnarzt schon einiges an Verkaufstalent ab. Er muss nicht nur seine Dienstleistungen und Produk-te an den Mann bringen, sondern auch sich selbst und seine Praxis gut „verkaufen“. Er muss einerseits imstande sein, seinen Patienten eine individuell auf ihre Finanzen zugeschnittene Therapie zu ermöglichen, und darf andererseits seine eigene Praxis als Un-ternehmen nicht vernachlässigen. Das beinhaltet auch, dass der Multiplikator der Privatleistungen sinnvoll festgesetzt wird, um einen gesicherten Fortbe-stand der Praxis zu gewährleisten, und dass Patienten mit Zahlungsschwierigkeiten die Möglichkeit der Ra-tenzahlung oder andere günstigere Varianten, wie die Inanspruchnahme von Auslandszahnlaboren, offenstehen. Wenn also unternehmerisches Geschick eine wichtige Rolle für den Erfolg einer modernen Zahnarztpraxis spielt, dann ist die Fähigkeit verkaufen zu können eine der Kernkompetenzen für unterneh-merisches Handeln und kein Verhalten, für das man sich schämen sollte. Das bedeutet, dass wir unsere eigene Einstellung zum Verkaufen dringend ändern müssen. Verkaufen kann sogar Spaß machen, wenn man es richtig anstellt und alle Beteiligten zufriedenstellt. Also nutzen Sie ruhig die Gelegenheiten, die sich dazu anbieten – ohne schlechtes Gewissen. Doch Achtung: Es könnte sein, dass Sie dazu gelegentlich Ihre Komfortzone verlassen und Neuland betreten müssen. Denn ein guter Verkäufer zu sein ist durch-aus mit einem gewissen Engagement verbunden und auch mit Fleiß und Ausdauer.

Verkaufen heißt, mit dem Nicht-Verkaufen zu beginnen

Doch was sind die richtigen Gelegenheiten? Und wie kann man sie sich gezielt schaffen? Ein wichtiger Bestandteil Ihrer Verkaufsstrategie ist Ihr Selbstmarke-ting. Verlassen Sie sich nicht darauf, dass sich Ihr Image und Ihr guter Ruf schon irgendwie alleine herstellen. Es liegt zu einem großen Anteil in Ihrer Hand, wie Sie von anderen wahrgenommen werden und welche Klientel Sie bedienen. Hier können Sie als Unternehmer-Zahnarzt geschickt nachhelfen und das Nützliche sogar mit dem Angenehmen verbinden, in-dem Sie sich regelmäßig in der Öffentlichkeit zeigen: Ob durch die Mitgliedschaft im Sportverein, Ihr eh-renamtliches Engagement im Wirtschaftsclub oder im Kunstmuseum – es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie Sie sich sichtbar machen können. Auch die Teilnahme an gesellschaftlichen Anlässen trägt dazu bei, dass man Sie kennt. Entscheidend ist, dass Sie da sind, wo sich Ihre Wunschklientel zusammenfindet und Sie mit ihr ins Gespräch kommen. Dabei geht es nicht darum, gleich mit aggressiven Werbeslogans und Verkaufsparolen dem Objekt der Begierde zu Leibe zu rü-cken. Im Gegenteil: Ihr Ziel ist es, mit diesen Men-schen in Kontakt zu treten, das kleine Gespräch zu suchen, das sich Ihnen in der Situation anbietet und das meist gar nichts mit Ihrem Beruf zu tun hat. Denn dieses ist oft der Türöffner für alle weitere Kommunikation. Echtes Interesse am Gegenüber kann dabei von Vorteil für Ihr Verkaufsansinnen sein, denn Menschen haben stets das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Anerkennung. Und sie werden sich bei der nächsten Begegnung an Sie erinnern, wenn Sie ihnen dieses Bedürfnis erfüllt haben.

Verkaufen heißt, im richtigen Moment das Richtige zu sagen

Doch wie kann Ihr Gesprächspartner, den Sie gerade bei der Premierenfeier im Opernhaus kennengelernt haben, zu einem potenziellen Patienten werden? Hier gilt es nun, geschicktes Selbstmarketing zu betreiben und an geeigneter Stelle im Gespräch Ihre berufliche Expertise einzustreuen. Zum Beispiel, wenn Sie nach Ihrem Beruf gefragt werden und Sie in zwei Sätzen pointiert und gut verständlich Ihre Spezialisierung darstellen. Diese Sätze sollte man sich zurechtlegen, denn allzu oft fallen uns in den entsprechenden Situationen keine wirklich passenden Formulierungen ein, die im Gedächtnis bleiben. Eine andere Möglichkeit ist, bei der Verabschiedung beiläufig zu erwähnen, dass Sie am nächsten Tag eine große Implantat-OP durchführen werden und daher die Veranstaltung schon frühzeitig verlassen müssen. Zwangsläufig werden Sie bei Ihren Gesprächspartnern als „der Zahnarzt“ in Erinnerung bleiben. Und das wird irgendwann dazu führen, dass man Sie auf Ihre Kompetenz hin anspricht. Ganz nach dem Motto: „Sie sind doch Zahnarzt, ich habe da so ein Problem …“.

Verkaufen heißt, Bedürfnisse zu wecken

Wenn Sie nun schon beim Thema sind und Ihr Gesprächspartner Sie mit einem Leiden konfrontiert, haben Sie schon fast gewonnen. Aber nur fast. Denn oft machen wir den Fehler, dass wir uns auf den potenziellen Patienten stürzen wie die Piranhas. Hören Sie Ihrem Gesprächspartner erst mal aufmerksam zu und stellen Sie interessierte Nachfragen, die eindeutig darauf hinweisen, dass Sie ein Experte auf Ihrem Gebiet sind. Dann kommt der entscheidende Part: Geben Sie Tipps, wie man mit der Situation am besten umgehen kann und beraten Sie Ihren Gesprächspartner ganz unverbindlich. An dieser Stelle kann man auch ähnliche Fälle zitieren, die Sie in Ihrer Praxis bereits behandelt haben. Das wird bei Ihrem Gesprächspartner zu-nächst den Eindruck von Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit hinterlassen und je weniger aufdringlich Sie ihm Ihre Dienstleitung anbieten, desto größer wird das Bedürfnis werden, diese in Anspruch zu nehmen. Wichtig ist, dass Sie, sobald Ihr Gesprächspartner echtes „Kaufinteresse“ gezeigt hat, die (Er-)Lösung in Aussicht stellen, indem Sie ihm das Angebot unterbreiten, ihm einen schnellen Sondertermin einzuräu-men und sich der Problematik persönlich anzunehmen. Exklusivität und persönliche Beziehungen haben in diesem Zusammenhang eine magische Wirkung.

Verkaufen heißt, den Patienten wie einen König zu behandeln

Nun ist es also so weit. Die Bekanntschaft von der Pre-mierenfeier hat den Weg in Ihre Praxis gefunden. Nun kann man gezielt alle Register ziehen, die dem Patien-ten das Gefühl geben, etwas ganz Besonderes zu sein: Eine namentliche Begrüßung am Empfang, vielleicht sogar mit Handschlag und dem Hinweis, dass der Zahnarzt den Patienten bereits angekündigt hat, der freundliche Small Talk, die Begleitung ins Wartezimmer, vielleicht ein kurzer Rundgang durch die Praxis, falls es die Zeit und die Umstände erlauben – Ihr Praxisteam kann hier schon vieles zum ersten gelungenen Eindruck beitragen. Doch interessant wird es natürlich in dem Moment, wenn Ihre Bekanntschaft Sie nun zum ersten Mal in Arbeitskleidung sieht. Ganz in Weiß oder im Praxisstil sind Sie die Autoritätsperson. Das ist per se nicht schlecht, wenn Sie Ihre Position als Chef des Hauses und Fachmann ein wenig demonstrieren, doch sorgen Sie dafür, dass sich Ihr Patient auch schnell entspannen kann. Dazu eignet sich natürlich immer ein kleines privates Gespräch, vielleicht über das Wetter, die Anfahrt oder den Anlass, bei dem man sich kennenlernte. Lassen Sie den Patienten nun auch über sein Leiden sprechen und hören Sie ihm aufmerksam zu. Entscheidend ist, dass der Patient in dieser Situation noch nicht in der Horizontalen liegt. Erst wenn Sie mit der Untersuchung beginnen, bringen Sie den Patienten in Position.

Verkaufen heißt, den richtigen Ort für das Verkaufsgespräch zu wählen

Je nach Problemstellung und Umfang der Behand-lung werden Sie Ihren Patienten entweder sofort versorgen oder vor Ort die vorbereitenden Maßnahmen zur weiteren Behandlung treffen, wie zum Beispiel Röntgenbilder bzw. Abdrücke vornehmen. Gerne betrachten wir die Röntgenbilder im Behandlungszim-mer, während der Patient noch oder wieder auf dem Zahnarztstuhl sitzt. Laden Sie Ihren Patienten gerne dazu ein, im Stehen oder im aufrechten Sitzen mit auf das Röntgenbild zu blicken und erklären Sie die Lage. Das entspannt und bindet den Patienten in den Bera-tungsprozess ein. Wenn es um kostspieligere und aufwendigere Zahnsanierungen geht, an denen auch Ihre Praxis einen größeren Nutzen hat, werden Sie Ihrem Patienten einen Kostenvoranschlag erstellen. Ein guter Verkäufer investiert die Zeit, den Patienten zur Besprechung desselben nochmals in die Praxis einzuladen. Hier empfiehlt es sich, nicht im Behandlungs-zimmer, sondern am besten in einem Büro an einem Besprechungstisch Platz zu nehmen und gemeinsam die Kalkulation und den Behandlungsplan durchzugehen. Zeigen Sie Optionen auf, diskutieren Sie Alternativen und finden Sie heraus, welches Hauptmotiv Ihren Patienten antreibt. Nur dann können Sie ihn effektiv beraten und ein maßgeschneidertes Behand-lungskonzept verkaufen, je nach Geldbeutel und Investitionsbereitschaft.

Verkaufen heißt, Argumentationstechniken anzuwenden

Eine der wesentlichen Fähigkeiten beim Verkaufen ist die Fähigkeit, geschickt zu argumentieren. Argumen-te sind insbesondere dann überzeugend, wenn Sie Ihre Empfehlungen nachvollziehbar und anschaulich begründen und geeignete Beispiele finden, die möglichst aus dem Erfahrungsbereich Ihres Gegenübers stammen. Am stärksten wirkt ein Argument, wenn Sie in Ihrer Argumentation den Nutzen für Ihr Gegenüber betonen. Und der kann je nach Patient sehr unterschiedlich ausfallen. Daher besteht die Kunst darin, das Motivsystem Ihres Patienten schnell und präzise zu erfassen. Was überzeugt ihn am meisten? Sind es ästhetische Überlegungen oder vielleicht sogar Status- und Reputationsgedanken, die ihn antreiben? Will er die innovativste oder eine eher konventionelle Lösung? Ist es die Investition in einen langfristigen und dauerhaften Zahnersatz? Legt der Patient Wert auf solide Qualität bei den Materialien? Vertraut er nur auf deutsche Laborleistungen oder würde er auch zugunsten des besseren Preises Laborleistungen aus dem Ausland in Kauf nehmen? Ist er ängstlich? Es gibt zahlreiche Ansatzpunkte, die uns beim Argumentieren helfen. Entscheidend ist, dass ich meinen Patienten argumentativ dort packe, wo er am sensibelsten ist. Das erfordert etwas Menschenkenntnis und natürlich auch die Fähigkeit, durch geschicktes Nachfragen den Wünschen und Bedürfnissen, aber auch Vorbehalten auf den Grund zu gehen. Es gibt unendlich viele Argumentationstechniken, die man sich systematisch aneignen kann, entweder durch gezieltes Training oder durch die Lektüre entsprechender Ratgeberliteratur. Doch wenn Sie sich zunächst auf die Frage konzentrieren, was Ihrem Patienten am meisten nutzt, haben Sie argumentativ schon viel richtig gemacht.

Verkaufen heißt, psychologische Grund-prinzipien zu nutzen

Unser Gehirn ist in Sachen Manipulierbarkeit recht anfällig, da wir gewisse Denkmuster und Verhaltensweisen recht zuverlässig prognostizieren und sie uns somit im Verkaufsgespräch zunutze machen können. Dazu gehört zum Beispiel die Tatsache, dass wir uns lieber von sympathischen als von unsympathischen Menschen überzeugen lassen. Zudem vertrauen wir Menschen, die eine gewisse Autorität, Führungsfähigkeit und Kompetenz ausstrahlen, auch wenn wir dieselbe nicht beurteilen können. Gerne entscheiden wir uns so, wie sich auch andere entschieden haben, denn die Masse kann ja nicht irren, und wir lassen uns zu einer schnellen Entscheidung hinreißen, wenn uns jemand dringlichen Handlungsbedarf suggeriert. Interessant ist auch, wie stark das menschliche Bedürfnis nach Konsistenz im eigenen Verhalten ist. Auch das kann man im Verkaufsgespräch sinnvoll nutzen. Entlocken Sie Ihrem Patienten einfach zu Beginn der Beratung eine Zustimmung in Bezug auf eine allge-meingültige Aussage, die mit Ihrer Behandlungsabsicht in Verbindung steht und bekräftigen Sie diese Zustimmung mehrmals. Menschen distanzieren sich nur ungern von vorher getroffenen Standpunkten. Im Gegenteil: Sie bleiben bei ihrer ersten Entscheidung und bestärken diese, um nicht als unglaubwürdig zu erscheinen. So können Sie die Entscheidung Ihres Patienten auf dem vorher getroffenen Commitment aufbauen. Dieses Prinzip ist auch sehr gut anwendbar, um die Compliance des Patienten, also die Zusammenarbeit, nachhaltig zu beeinflussen. Auch kleine Vorleistungen und Entgegenkommen von Ihrer Seite haben eine psychologische Wirkung: Sie verpflichten Ihr Gegenüber zur Gegenleistung. Das können Sie auch an Ihrem eigenen Verhalten nachvollziehen. Denn wenn Sie beispielsweise einer Einladung zum Essen gefolgt sind, fühlen Sie sich irgendwie verpflichtet, im Anschluss die Gegeneinladung auszusprechen, um unserem inneren Bedürfnis der Reziprozität zu folgen. Diese psychologischen Grundprinzipien sind durchaus hilfreich, wenn Sie ein guter Verkäufer sein wollen.

Verkaufen heißt, mit dem „Käufer“ in Kontakt zu bleiben

Man könnte die Reihe an Verkaufstechniken sicher noch unendlich erweitern, doch kommen wir zum Schluss noch zu einer Verkaufstechnik, die im Alltag gerne hinten ansteht: das After-Sales. Hier geht es darum, den Kontakt zum Patienten aufrechtzuerhalten. Gerade die Patienten, die eine aufwendigere Behandlung in Anspruch genommen haben, freuen sich beim Kontrolltermin über Nachfragen zum Behandlungserfolg oder zur Schmerztherapie. Je nach Fall bieten sich diese Termine auch für den Nachverkauf von weiteren Behandlungen an. Sollte der Fall eintreten, dass der Patient mit dem Ergebnis und Ihrer Arbeit nicht ganz zufrieden ist, ist es umso wichtiger, dass Sie sich viel Zeit für ihn nehmen und seinen Beschwerden lösungsorientiert und besonders aufmerksam begegnen. Denn sollte ein unzufriedener Patient mal seiner Wut im Internet Luft gemacht haben, ist der Schaden gewaltig. Ein regelmäßiger Blick in etwaige Bewertungsportale im Internet wie bei google.de oder jameda.de sollte zu Ihren Aktivitäten gehören, um nachhaltig an Ihrem guten Ruf zu arbeiten und schädliche Eintragungen rechtzeitig zu bemerken und ihnen entgegenzuwirken.

Ehrlich währt am längsten

Bei allen Verkaufstechniken und Akquisitionsstrategien sollten Sie sich dennoch immer an Ihr eigenes Wertesystem halten. Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit im Umgang mit den Patienten zahlen auch immer auf das Konto einer langfristigen Patientenbeziehung ein. Daher nutzen Sie oben genannte Methoden nicht, um möglichst viele Behandlungen zu erwirken, sondern raten Sie den Patienten ruhig von unnötigen Eingriffen ab. Damit investieren Sie in Ihre eigene Glaubwürdigkeit und in das Vertrauensverhältnis zu Ihrem Patienten.

Zusammenfassend lässt sich also festhalten: Verkaufen ist kein Makel und keine unangenehme Pflicht, sondern eine wunderbare Chance, Patienten glück-lich zu machen und dabei selbst zu profitieren.

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